Carpe Diem – Texte

Von der Arbeit

Arbeit ist sichtbar gewordene liebe.
Und vermöget ihr nicht mit Liebe zu arbeiten, doch nur mit Widerwillen,
so verlasset lieber eure Arbeit und setzet euch an das Tor des Tempels,
um Almosen zu empfangen von jenen, die freudig arbeiten.
Denn so ihr euer Brot gleichgültig backet, backt ihr ein bitteres Brot, das den menschlichen Hunger nur halb stillt.
Und so ihr die Trauben mit Murren presset, träufelt euer Groll ein Gift in den Wein.
Und sänget ihr auch den Engeln gleich und liebet Singen nicht, so trübet ihr nur das Ohr der Menschen für die Stimmen des Tages und die Stimmen der Nacht.

Der Prophet, Khalil Gibran

In der Stille angekommen

In der Stille angekommen gehe ich in mich,
stehe ich zu meinen Stärken und Schwächen,
liegen mir mein Leben und die Liebe am Herzen.
In der Stille angekommen, sehe ich mich, dich, euch
und die Welt mit anderen Augen, mit den Augen des Herzens.
In der Stille angekommen, höre ich auf mein Inneres,
spüre ich Geborgenheit, lerne ich Gelassenheit,
tanke ich Vertrauen.

Ernst Ferstl
Quelle: Ferstl, Herznah. Gedichte, Asaro-Verlag 2003

Selig ist der Mensch

Selig ist der Mensch, der mit sich selbst in Friede ist
und unter allen Umständen frei und unerschrocken
auf und um sich sehen kann.
Es gibt auf Erden kein größeres Glück.

Matthias Claudiu

Auf die Seele warten

Es wird berichtet, wie Europäer in Afrika eine Expedition unternehmen. Eingeborene begleiten sie, um ihr Gepäck zu tragen und ihnen bei dem Marsch durch das für sie unbekannte Land zu helfen. Die Europäer wollten schnell vorankommen und trieben daher ihre afrikanischen Helfer zur Eile an. Nach einigen Tagen waren diese jedoch nicht mehr bereit sich auch nur einen Schritt von der Stelle zu bewegen. Weder Drohungen noch gutes Zureden halfen. „Warum wollt ihr nicht mehr weitergehen?“ fragten die Europäer. Und die Eingeborenen antworteten: „Wir sind in den letzten Tagen so schnell gegangen. Unsere Seele ist nicht mitgekommen. Wir warten auf unsere Seele.“

Danken

Dankbarkeit schenkt uns so viel mehr Lebensfreude. Menschen, die dankbar sind, genießen das Leben viel mehr.

Dankbarkeit gibt uns die Gelegenheit, uns an etwas zu freuen. Wenn wir nicht dankbar sind, freuen wir uns daran gar nicht, sondern nehmen es einfach als gegeben hin. Wir halten also den Schlüssel zur Freude in unseren eigenen Händen – und der heißt Dankbarkeit. Denn wenn wir nicht dankbar sind, können wir gar nicht würdigen, was uns alles geschenkt wird. Wir leben in einer geschenkten Welt, in einem gegebenen Augenblick – also ist die richtige Antwort darauf – Dankbarkeit

Dankbarkeit öffnet uns auch dafür, im Augenblick zu leben. Man kann für die Vergangenheit dankbar sein und für Zukünftiges schon im Voraus – aber man kann nicht in der Zukunft oder in der Vergangenheit dankbar sein, sondern man ist immer im Augenblick dankbar.

David Steindl Rast

Wer lieben kann, ist Glücklich

Hermann Hesse

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Krankheit kann Tore öffnen

Ich glaube, dass Krankheiten Schlüssel sind,
die uns gewisse Tore öffnen können.
Ich glaube, es gibt gewisse Tore,
die einzig die Krankheit öffnen kann.
Es gibt jedenfalls einen Gesundheitszustand,
der es uns nicht erlaubt, alles zu verstehen.
Vielleicht verschließt uns die Krankheit einige Wahrheiten;
ebenso verschließt uns die Gesundheit andere oder führt uns davon weg,
so dass wir uns nicht mehr darum kümmern.

André Gide: Tagebuch 1889-1939

Ich suche meinen Stamm

Die Leute meines Stammes sind leicht zu erkennen:
Sie gehen aufrecht, haben Funken in den Augen,
und ein Schmunzeln auf ihren Lippen.

Sie halten sich weder für heilig noch für erleuchtet.
Sie sind durch ihre eigene Hölle gegangen,
haben ihre Schatten und Dämonen angeschaut, angenommen und offenbart.
Sie sind keine Kinder mehr,
wissen wohl, was ihnen angetan worden ist,
haben ihre Scham und ihre Rage explodieren lassen
und dann die Vergangenheit abgelegt,
die Nabelschnur abgeschnitten
und die Verzweiflung ausgesprochen.

Weil sie nichts mehr verbergen wollen
sind sie klar und offen.
Weil sie nicht mehr verdrängen müssen,
sind sie voller Energie, Neugierde und Begeisterung.
Das Feuer brennt in ihrem Bauch!

Die Leute meines Stammes kennen
den wilden Mann und die wilde Frau in sich
und haben keine Angst davor.
Sie halten nichts für gegeben und selbstverständlich,
prüfen nach, machen ihre eigenen Erfahrungen
und folgen ihrer eigenen Intuition.

Männer und Frauen meines Stammes
begegnen sich auf der gleichen Ebene,
achten und schätzen ihr „Anders“- Sein,
konfrontieren sich ohne Bosheit und lieben ohne Rückhalt.

Leute meines Stammes gehen oft nach innen,
um sich zu sammeln,
Kontakt mit den eigenen Wurzeln aufzunehmen,
sich wieder zu finden,
falls sie sich durch den Rausch des Lebens verloren haben.

Und dann kehren sie gerne zu ihrem Stamm zurück,
denn sie mögen teilen und mitteilen,
geben und nehmen, schenken und beschenkt werden.

Sie lieben Wärme, Geborgenheit und Intimität.
Getrennt fühlen sie sich nicht verloren wie kleine Kinder
und können damit gut umgehen.
Sie leiden aber an Isolation und sehnen sich
nach ihren Seelenbrüdern und -schwestern.
Die Zeit unserer Begegnung ist gekommen.

Indianische Worte
Verfasser unbekannt

Das Loch in der Straße

Ich gehe eine Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch.
Ich falle hinein.
Ich bin verloren. … Ich bin ohne Hoffnung.
Es ist nicht meine Schuld.
Es dauert endlos, wieder herauszukommen.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch.
Ich tue so, als sähe ich es nicht.
Ich falle wieder hinein.
Ich kann nicht glauben, schon wieder am gleichen Ort zu sein.
Aber es ist nicht meine Schuld.
Immer noch dauert es sehr lange, herauszukommen.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch.
Ich sehe es.
Ich falle immer noch hinein … aus Gewohnheit.
Meine Augen sind offen.
Ich weiß, wo ich bin.
Es ist meine eigene Schuld.
Ich komme sofort heraus.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch.
Ich gehe darum herum.

Ich gehe eine andere Straße

Sogyal Rinpoche

Auszug aus: Worte des Medizinmanns John Fire Lame Deer

Bevor unsere weißen Brüder kamen, um zivilisierte Menschen aus uns zu machen, hatten wir keine Gefängnisse. Aus diesem Grund hatten wir auch keine Verbrecher. Ohne ein Gefängnis kann es keine Verbrecher geben. Wir hatten weder Schlösser noch Schlüssel und deshalb gab es bei uns keine Diebe. Wenn jemand so arm war, dass er kein Pferd besaß, kein Zelt oder keine Decke, so bekam er all dies geschenkt.

Wir waren viel zu unzivilisiert, um großen Wert auf persönlichen Besitz zu legen. Wir strebten Besitz nur an, um ihn weitergeben zu können. Wir kannten kein Geld und daher wurde der Wert eines Menschen nicht nach seinem Reichtum bemessen. Wir hatten keine schriftlich niedergelegten Gesetze, keine Rechtsanwälte und Politiker, daher konnten wir einander nicht betrügen. Es stand wirklich schlecht um uns, bevor die Weißen kamen, und ich kann es mir nicht erklären, wie wir ohne die grundlegenden Dinge auskommen konnten, die – wie man uns sagt – für eine zivilisierte Gesellschaft so notwendig sind.

Das Streben nach Sicherheit

Wer das tut, was er als richtig erkannt hat, auch wenn es das Gegenteil von dem ist, was die anderen tun oder was die anderen erwarten, muss eine Sicherheit in sich tragen, sonst hat er nicht den Mut zu einem solchen Handeln. Wer sein Handeln davon abhängig macht, was die anderen nach seiner Vorstellung von ihm erwarten, lebt in Unsicherheit. Er würde es als ein Wagnis empfinden, das zu tun, was er eigentlich möchte und was er auch tun würde, wenn es keine anderen gäbe. Er meint nun, es bedeute eine gewisse Sicherheit, wenn er das tut, was man tut. Dies ist aber ein großer Irrtum. Diese Sicherheit ist nur eine scheinbare. Sie beruht auf der falschen Annahme, dass das, was die Masse tut, richtig wäre. Und was richtig ist, bringt das Gefühl der Sicherheit. Aber die Wahrheit liegt nicht bei der Masse. Etwas ist nicht deshalb richtig, weil die meisten es so machen.
Je unsicherer der Mensch sich fühlt, umso mehr strebt er nach Sicherheit.

Dr. med. M.O. Brucker
Quelle: Lebensbedingte Krankheiten, Emu-Verlag

Desiderata (auch als Lebensregel von Baltimore bezeichnet)

Gehe gelassen inmitten von Lärm und Hast und denke daran wie ruhig es sein kann in der Stille.

So weit als möglich, ohne dich aufzugeben, sei auf gutem Fuß mit jedermann.

Das, was du zu sagen hast, sprich ruhig und klar aus, und höre andere an, auch wenn sie langweilig und töricht sind, denn auch sie haben an ihrem Schicksal zu tragen.

Meide die Lauten und Streitsüchtigen. Sie verwirren den Geist.

Vergleichst du dich mit anderen, kannst du hochmütig oder verbittert werden, denn immer wird es Menschen geben, die bedeutender oder schwächer sind als du.

Erfreue dich am Erreichten und an deinen Plänen. Bemühe dich um deinen eigenen Beruf, wie bescheiden er auch sein mag; er ist ein fester Besitz im Wandel der Zeit.

Sei vorsichtig bei deinen Geschäften, denn die Welt ist voller Betrügerei. Aber lass deswegen das Gute nicht aus den Augen, denn Tugend ist auch vorhanden: Viele streben nach Idealen, und überall im Leben gibt es Helden. Sei du selbst. Täusche vor allem keine falschen Gefühle vor. Sei auch nicht zynisch, wenn es um Liebe geht, denn trotz aller Öde und Enttäuschung verdorrt sie nicht, sondern wächst weiter wie Gras.

Höre freundlich auf den Ratschlag des Alters, und verzichte mit Anmut auf die Dinge der Jugend.

Stärke die Kräfte deines Geistes, um dich bei plötzlichem Unglück dadurch zu schützen. Quäle dich nicht mit Wahnbildern. Viele Ängste werden durch Erschöpfung und Einsamkeit geweckt.

Bei aller angemessenen Disziplin, sei freundlich zu dir selbst. Genau wie die Bäume und Sterne, so bist auch du ein Kind der Schöpfung. Du hast ein Recht auf deine Existenz. Und ob du es verstehst oder nicht, entfaltet sich die Welt gewiss nach Gottes Plan. Bleibe also in Frieden mit Gott, was immer er für dich bedeutet, und was immer deine Sehnsüchte und Mühen in der lärmenden Verworrenheit des Lebens seien – bewahre den Frieden in deiner Seele.

Bei allen Täuschungen, Plackereien und zerronnenen Träumen ist es dennoch eine schöne Welt. Sei vorsichtig. Strebe danach glücklich zu sein.

Von den Kindern

Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und die Töchter der Sehnsucht
des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.

Ihr dürft ihnen eure Liebe geben,
aber nicht eure Gedanken,
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben,
aber nicht ihren Seelen,
Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen,
das ihr nicht besuchen könnt,
nicht einmal in euren Träumen.

Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein,
aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.
Denn das Leben läuft nicht rückwärts
noch verweilt es im Gestern.

Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder
als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit,
und er spannt euch mit seiner Macht,
damit seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Laßt eure Bogen von er Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein;
Denn so wie er den Pfeil liebt, der fliegt, so liebt er auch den Bogen, der fest ist.

Der Prophet, Khalil Gibran

Die Erde ist vollkommen

Die Erde ist vollkommen. Sie kann nicht verbessert werden.
Wer sie verändern will, zerstört sie.
Wer sie besitzen will, verliert sie.

Chinesisches Sprichwort

Über die Wahrheit

Wahrheit ist immer rein, nackt und allein. Und das ist eine große Schönheit, weil Wahrheit die Quintessenz des Lebens, der Existenz und der Natur ist. Den Menschen ausgenommen lügt niemand. Ein Rosenstrauch kann nicht lügen. Er muss Rosen hervorbringen, er kann keine Ringelblumen hervorbringen – er kann nicht betrügen. Es ist ihm nicht möglich, anders zu sein als er ist. Den Menschen ausgenommen lebt die ganze Schöpfung in Wahrheit.

Wahrheit ist die Religion der gesamten Existenz – den Menschen ausgenommen.

Und im gleichen Augenblick, in dem auch ein Mensch den Entschluss fasst, Teil der Existenz zu werden, wird Wahrheit zu seiner Religion.

Und das ist die größte Revolution, die überhaupt einem Menschen passieren kann. Das ist der Augenblick der Herrlichkeit.

Bhagwan Shree Rajneesh

Der Mensch als Geist-Seele-Leib-Einheit

Ein Musikstück ist eine geistige Schöpfung und als solches ein Stück der geistigen Welt. Wie weit das Gemüt des Hörers von diesem Stück einer höheren Welt gefangengenommen wird, ist unter anderem davon abhängig, wie weit das Spiel des vortragenden Künstlers seelenvoll ist, indem er Herz und Gemüt, Wärme und Leidenschaft daransetzt.

Dr. med. M.O. Brucker
Quelle: Lebensbedingte Krankheiten, Emu-Verlag